Steirisches Vulkanland - Archäologie

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  06. Hügelgräberfeld ‚Berndorf-Urlas’ bei Kirchberg an der Raab
(Orts- und Katastralgemeinde Kirchberg an der Raab)
     

Öffnungszeiten/Kontakt:
Das Hügelgräberfeld ‚Berndorf-Urlas‘ kann ganzjährig besichtigt werden.

Anfahrt:
Von Graz über die A2 (Südautobahn) in Richtung Wien bis zur Ausfahrt Gleisdorf-Süd, dann auf der B 68 dem Raabtal in südöstlicher Richtung folgend bis Kirchberg an der Raab. Am südöstlichen Ortsende, direkt anschließend an den Kirchberger Ortsfriedhof, liegt links neben der Landesstraße Richtung Feldbach in einem kleinen Wäldchen, dem sog. ‚Urlas-Wald’, das Hügelgräberfeld ‚Berndorf-Urlas’ (großer Parkplatz über der Straße beim Friedhof).


GPS-Koordinaten:
N 46.982717° –
E 15.772533°

So finden Sie
das Hügelgräberfeld

Ein großer, einst im Gartentrakt unterhalb des Barockschlosses von Kirchberg an der Raab aufragender (wohl hallstattzeitlicher) Grabhügel wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgetragen, wobei bei den Planierungsarbeiten auch ein kleiner bronzener Wagen zu Tage trat. Ob es sich dabei um einen ‚Kultwagen’ handelte, kann heute nicht mehr entschieden werden, da dieser Fund seit seinem Auftauchen leider verschwunden ist. Auch vom Grabhügel selbst ist heute nichts mehr zu sehen. Dafür lassen sich in den Wäldern rund um Kirchberg noch etliche Hügelgräberfelder nachweisen, was bei der verkehrstechnisch günstigen Lage Kirchbergs – an einer wichtigen, seit alters her von Nordwesten nach Südosten durch das Raabtal führenden Verbindungsstraße – auch nicht weiter verwunderlich ist.
 
Eines dieser Gräberfelder ist das in dem kleinen Wäldchen am südöstlichen Ortsende von Kirchberg, direkt im Anschluss an den Ortsfriedhof, gelegene und seit 1992 unter Denkmalschutz stehende Hügelgräberfeld in der Flur Berndorf-Urlas. Es besteht aus zumindest sieben, vermutlich aber acht Grabhügeln unterschiedlicher Größe, die in zwei annähernd von Nordwest nach Südost orientierten Gruppen zu je vier Hügeln angeordnet sind. Die beiden nordwestlichen Hügel weisen beachtliche Größen auf: Der eine ist rund acht Meter hoch und hat einen Durchmesser von ca. 30 Metern (wobei seine gesamte Nordkante durch eine Erweiterung des anschließenden Friedhofes bereits abgetragen wurde), der andere ist ca. fünf Meter hoch, bei einem Durchmesser von etwa 27 Metern. Der drittgrößte, ebenfalls gut erkennbare Hügel erreicht noch eine Höhe von ca. zwei Metern, bei einem Durchmesser von rund 15 Metern, während die restlichen vier (bzw. fünf) Hügel kaum mehr im Gelände auszumachen sind, da sie durch tief eingegrabene Alt- bzw. Hohlwege angeschnitten und stark in ihrem Aussehen verändert wurden.
 
Im Rahmen zweier Grabungskampagnen der Jahre 2005 und 2007 (Grabungsleitung Georg Tiefengraber) wurden zwei der Hügel (Nr. 2 und 5) archäologisch untersucht, wobei freilich keine vollständige Ergrabung der Tumuli beabsichtigt war. Vielmehr sollte durch Sondierungen – bei weitgehender Erhaltung der Bodendenkmale – lediglich eruiert werden, wann und zu welchem Zweck die z. T. monumentalen Hügel errichtet worden waren.
 
Wie sich bald herausstellte, war Hügel Nr. 2, der zweitgrößte des Gräberfeldes, der das umliegende Terrain um mehr als fünf Meter überragt, nur in seinem obersten Bereich künstlich aufgeschüttet worden, während die Hügelbasis aus einer natürlichen Geländeformation bestand. Den Funden hallstattzeitlicher Keramikfragmente nach zu schließen, handelt es sich um einen Grabhügel des 7. Jahrhunderts v. Chr. Der zweite Grabhügel (Nr. 5) zeigte insofern einen überraschenden Befund, als es sich hier eigentlich um zwei Grabhügel in einem handelt: Über einem älteren Grabhügel der Hallstattzeit des 8. – 6. Jahrhunderts v. Chr. war im 2. Jahrhundert n. Chr. – also beinahe 1.000 Jahre später – ein römerzeitlicher Grabhügel aufgeschüttet worden. Der nur etwa einen halben Meter hohe und einen Durchmesser von rund fünf Metern aufweisende hallstattzeitliche Grabhügel war (ähnlich wie Hügel Nr. 2) aus einer natürlichen Geländeerhebung herausgearbeitet worden. Auch diesmal wurde auf eine Freilegung der zentralen Bestattung verzichtet, einige wenige Keramikfunde aus der ältesten Hügel-aufschüttung erlauben jedoch eine Datierung in die (fortgeschrittene) Hallstattzeit.
 
Fast ein Jahrtausend später wurde der hallstattzeitliche Friedhof also erneut als Bestattungsplatz genutzt: Dies wird durch einen an der Südseite des kleinen hallstattzeitlichen Grabhügels angelegten Verbrennungsplatz und eine oval-rechteckige Grabgrube belegt, in die man den (nach der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen) aufgesammelten Leichenbrand deponierte. Dem Fundmaterial nach, insbesondere der stark zerscherbten Gefäßkeramik, datiert der über dem hallstattzeitlichen Tumulus errichtete römische Grabhügel ins 2. Jahrhundert n. Chr. Er diente wahrscheinlich einer ganzen Familie bzw. einer Sippe als Begräbnisstätte, wie mehrere Hügelaufschüttungsschichten vermuten lassen, die wohl mit weiteren Bestattungen bzw. Nachbestattungen in Zusammenhang stehen. Diese Praxis, in ein- und demselben Grabhügel mehrere Bestattungen einzurichten, ist bei großen Hügelgräberfeldern durchaus nichts Ungewöhnliches – hier ist nun allerdings der Nachweis erbracht, dass es derartige Bestattungssitten auch in Friedhöfen kleinerer Siedlungen bzw. von Villen oder Gutshöfen gab.
 
Ob die römerzeitliche Bevölkerung, die ihre Toten in einem Areal bestattete, das bereits fast tausend Jahre zuvor als Friedhof genutzt worden war, bewusst eine Art ‚Area sacra’ respektierte, mag dahin gestellt bleiben. Vielleicht ist dieses Neben- und sogar Übereinander von hallstatt- und römerzeitlichen Gräbern auch nur auf eine einfache pragmatische Platzlösung zurückzuführen, indem man einen vor langer Zeit einmal bestehenden Friedhof – in seiner aufgrund der topographischen Gegebenheiten sonst kaum nutzbaren Lage – einfach nur von neuem belegte und so (vielleicht gar nicht einmal so sehr bewusst) in seiner Tradition fortsetzte ...


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