Frühe norisch-pannonische Bestattung bei Notgrabung geborgen
In der Zeit um Christi Geburt war das Gebiet der heutigen Steiermark und Kärntens von den Kelten besiedelt. Die süd- und oststeirischen Kelten gehörten zu einem Stammesbund, der unter der Führung der Noriker stand. Um 16/15 v.Chr. wurde zwischen diesen Kelten und den Römern ein Friedens- und Beistandsvertrag abgeschlossen. Formell blieb das „regnum Noricum“ zunächst unabhängig. Erst unter Kaiser Claudius wurde die römische Zivilprovinz Noricum geschaffen. So ist das Land ohne kriegerische Auseinandersetzungen Teil des römischen Reiches geworden.
In der Tradition der damaligen Zeit wurde der Leichnam eines Verstorbenen verbrannt und, mit Grabbeigaben für das Leben im Totenreich versehen, in einem Hügelgrab bestattet.
Im Wäldchen „Hügelstaudach“ im Gemeindegebiet von Ratschendorf befindet sich eines von rund 40 römerzeitlichen Hügelgräberfeldern des Bezirkes Radkersburg.
Heute finden wir hier noch 36 Grabhügel. Ursprünglich war diese Nekropole wesentlich größer, Berichte aus der Zeit um 1880 sprechen noch von etwa 120 Hügelgräbern. Vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft sind seither etwa 70% dieser Zeugnisse der frühen Besiedlung unseres Gebietes unwiederbringlich zerstört worden.
Im April 2006 wurde bei Feldarbeiten in der unmittelbaren Nähe des „Hügelstaudach“ ein Grabhügel angepflügt.
Nach der Fundmeldung durch den Leiter des Römermuseums Ratschendorf, Heinz Kranzelbinder, wurde eine sofortige Notgrabung zur Sicherung des umgepflügten, zerstörten Bereiches der Bestattung durchgeführt. Dabei konnten Leichenbrand und Tonscherben gesichert werden.
Von 21. bis 23. August 2006 konnte schließlich im Rahmen einer Notgrabung auch der noch ungestörte Bereich des Hügelgrabes erforscht werden.
Die Grabung wurde vom Unterstützungsverein Römermuseum Ratschendorf initiiert und vom Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Steiermark und dem Archäologieland Steiermark unter der Leitung von Dr. Wolfgang Artner durchgeführt.
Dabei konnte neben Leichenbrand gut erhaltene, späte keltische Keramik geborgen werden.
Die Bestattung kann in den Übergang von der spätkeltischen Phase zur frührömischen Kaiserzeit datiert werden. Neben zwei Altgrabungen aus dem ausgehenden 19. Jhdt. konnte damit erstmals in einer modernen Grabung der Beweis für eine frühe keltisch-römische Besiedlung auch im Südosten der Steiermark geliefert werden.
Das Hügelgrab gehört damit zu den ältesten bekannten norisch-pannonischen Hügelgräbern der Steiermark.
Nach ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung sollen die Funde im Römermuseum Ratschendorf ausgestellt werden.
Zeitlich koordiniert mit der Grabung organisierte der Unterstützungsverein Römermuseum Ratschendorf gemeinsam mit dem Museumsverband Südsteiermark – Archäologie im Süden ein „Römerlager“ für Kinder unter dem Motto „Lebe 2 Tage wie ein Römer“.
26 Kinder zwischen 6 und 14 Jahren nahmen an diesem „Römerlager“ teil und konnten als eine der Attraktionen dieser 2 Tage die Arbeit der Archäologen life erleben. Und einige von ihnen waren so mutig, sich gleich als kleine Archäologen an der Grabung zu beteiligen.
Der ORF, Landesstudio Steiermark, hat im Rahmen des Römerlagers 5 Kinder-Hörfunksendungen für den „Klapotetz“ aufgezeichnet. Sie können diese Sendungen hier „nachhören“.
Alle Fotos: Heinz Kranzelbinder
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